Ich habe vor etlichen Jahren einen ERMA Revolver EGR77 in der 4" - Version bekommen. Mein Vorhaben ging in Richtung "Ersatzteilspender" - Denn zumehr war dieser misshandelte Revolver nicht zu gebrauchen. Einer der Vorbesitzer hatte das Korn abgeschliffen, Visierschiene entfernt und den Hahn abgeflext.
Diese ganzen Arbeiten waren auch nicht sorgfältig, oder zumindest mit einem gewissen Mass an gutem Willen ausgeführt. Alles war grob, schräg und mit deutlichen Bearbeitungsspuren erledigt worden. Die Beize ("Brünierung") ist grob mit "irgendeinem Schleifgerät" heruntergehobelt worden. Deswegen wanderte dieses Wrack die ersten Jahre in meine Waffen-Kruschkiste.
Irgendwann hatte ich Zeit und Lust auf basteln. Also wurde die Oberfläche poliert, der Hahn in eine einigermassen ansehnliche Form geschliffen, fehlende Teile ersetzt, und die geschundene Mechanik etwas überholt. Zumindest war dieses Teil anschliessend wieder als ERMA EGR77 erkennbar:
Also den EGR77 aus der Versenkung geholt ..... mit einem Polierbock die Oberfläche in den Bereich (fast) spiegelblank gebracht. Sämtliche Einzelteile anschliessend in wochenlanger Kleinarbeit mittels Polierpaste und Tüchern nachpoliert. Dann galvanisch eine Kupferauflage als Sperrschicht aufgebracht, um anschliessend die Bedienelemente und Trommel goldfarben zu beschichten, die Korpusteile mit Nickel zu beschichten.
Wer diese Prozeduren schon einmal selbst .... der weiss wie mühevoll der jeweilige "Zwischenschritt" des polieren ist. Ohne dieses zeitaufwändige polieren dunkeln die aufgetragenen Schichten fleckig ab, die weiteren Schichten übernehmen und verstärken diese unschönen Stellen.
Hier das Ergebnis, ein eher seidenmattes Finish in Richtung "Oldstyle", war durchaus beabsichtigt. Inspiriert von Abbildungen alter vernickelter Western-Waffen, die meist eher matt wirken, dafür aber ein besonderes Flair ausstrahlen:
Bitte seid bei der Bewertung meiner "Bastelarbeit" gnädig! Mir ging es im erster Linie um die Freude bei der Bastelei an dieser SSW. Und ich glaube dass Wir Alle Uns darauf einigen können, dass diese ERMA EGR77 vom Vorbesitzer so stark "misshandelt" wurde, dass eine optische Verschlechterung gar nicht mehr möglich gewesen wäre.
Und der "oldstyle"-Effekt ... eine eher ungleichmässige nicht perfekte Oberfläche ... wie ich ihn aus den Sachbüchern über die Waffen des Wilden Westen kenne, ist für mein Empfinden recht gut herausgearbeitet.
Zitat von RG725 im Beitrag #1 Bitte seid bei der Bewertung meiner "Bastelarbeit" gnädig! Mir ging es im erster Linie um die Freude bei der Bastelei an dieser SSW. Und ich glaube dass Wir Alle Uns darauf einigen können, dass diese ERMA EGR77 vom Vorbesitzer so stark "misshandelt" wurde, dass eine optische Verschlechterung gar nicht mehr möglich gewesen wäre.
Mach dich nicht kleiner als du bist Alfred! Dem EGR77 hast du zu neuem Glänz verholfen. Mir gefällt er echt gut, hat was. Die Oberflächen sehen sehr liebevoll aufgearbeitet aus. Topp!!!!!
Wobei mich aber trotzdem interessiert warum einer auf die Idee kommt den Hahn und das Korn abzuflexen!? Will mir irgendwie nicht in den Kopf!
Deine Arbeit ist sehr gut gelungen. Wäre schön wenn du vielleicht mal etwas genaueres dazu schreiben könntest "wie das genau mit diesem Handgalvanisier-Gerät funktioniert"! Würde mich schon wirklich sehr interssieren da ich hier auch einiges rumliegen habe was sich lohnen würde zu bearbeiten!
MfG Marco
Man sollte schon sehr darauf achten wem man sein Schwert leiht, man könnte es unversehens in die Rippen gesteckt zurückbekommen!!!
also das ist eine ganz vortreffliche Arbeit, welche Du da geleistet hast. Ein kleines Schmuckstück gezaubert würde ich mal sagen.
Gruß der Doc
Wenn Unrecht zu Recht wird, wird Widerstand zur Pflicht! Wer die Wahrheit nicht weiß, der ist bloß ein Dummkopf. Aber wer sie weiß, und sie eine Lüge nennt, der ist ein Verbrecher!
―Bertolt Brecht-
Wer sich "Impfen" lässt, hat die Kontrolle über sein Leben verloren!
der Zeitfaktor .... Ich denke Ihr kennt Alle dieses Phänomen: Wenn man im Freizeitbereich für sein Hobby werkelt, dann spielt Zeit eigentlich keine Rolle mehr. Aus einer geplanten 1/4 Stunde "... nur mal eben schnell was erledigen...." werden ohne grosse Mühe Stunden. Die Dame des Herzens, die gefühlt vor wenigen Minuten entnervt in den Keller gekommen ist mit dem Hinweis "Mittagessen" ist fertig, steht plötzlich wieder neben Einem und sagt mit betont langsamer und tiefer Stimme: "Jetzt wäre das Abendessen auf dem Tisch"
Und man realisiert dass aus geplanten Minuten ohne grosse Mühe Stunden geworden sind.
Deswegen möchte ich nur die reine "hauptarbeitszeit" einschätzen:
- Ca. 3 - 4 Stunden polieren. - Ca. 10 Stunden insgesamt galvanisieren (3 X Kupfer / 3 X Nickel)
Und jetzt kommt das Aufwändigste: Polieren jeweils als Zwischenschritt. Und nachdem ich an einem Musterstück diverse Möglichkeiten vorher ausprobiert hatte. Darunter das polieren mit dem Polierbock (weiche Filzscheibe ohne Paste), polieren mit Filzköpfen auf dem Dremel, polieren per Hand (weiche Socke wie ein Handschuh überziehen und feinste Paste - "Diamant Spiegelglanz"). Ich habe mich letztendlich für das polieren mit Hand + Socke + Spiegelglanz-Paste entschieden.
Bei allen anderen Varianten war die Abtragleistung zu schnell/zu hoch, und auch nicht steuerbar. Steuerbar aus dem Grund, dass ich ja bewusst einerseits einen eher Seidenmatt-Glanz erzeugen wollte - andererseits sollten einige Waffenbereiche eher in Altnickel-Optik erstrahlen.
Und um das zu erreichen hatte ich diesen gedanklichen Ansatz:
Nach dem vorbereiten durch penibles entfetten folgt das erste Handgalvanisieren mit der Kupferlösung. Die Waffe sieht danach (nach wenigen Stunden und dem Einfluss der Oxidation) zum erschrecken aus. Eher Kupferfarben mit schwarzen Flächen, und muss dann durch aufwändiges (Hand-)Polieren wieder auf Glanz gebracht werden.
Wenn man die nachgedunkelten Flächen poliert .... allerdings partiell noch einen leichten Hauch der nachgedunkelten Oberfläche bestehen lassen. Und dann die erste Nickelschicht mit dem Handgalvanisiergerät aufbringen. Das sollte ein leichtes Abschatten des Nickelglanzes auf den gewünschten Stellen an der Waffe herbeiführen.
Und ich denke, das Ergebnis bestätigt einigermassen gut sichtbar diese Vorgehensweise.
Und nach dieser Erklärung schätze ich die Zeit für das Handpolieren auf eine Grössenordnung von 20 Stunden. Wobei ich anmerke, es wurde nicht "akkordmässig" poliert, sondern neben dem Fernsehschauen immer wieder nach Lust und Laune ein Stückchen des Revolvers bearbeitet. Frei nach dem Motto: "Mühsam nährt sich das Eichhörnchen!"
Mittlerweile habe ich mir ein kleines Maschinchen besorgt, das über 3 kleine, runde Teller mit Haftoberfläche verfügt. Dort können wahlweise sehr kleine Schleifpapierscheiben oder Filzscheiben befestigt werden. Die 2 Teller sind kardanisch gelagert ... ähnlich dem bekannten Rasierapparat-Konzept eines grossen Herstellers. Und ein erster kleiner Test war gar nicht so schlecht ... Die Filzscheiben passen sich gut der Oberflächenkontur an, und die Abtragleistung ist so gering dass ein entsprechend kurzes polieren nicht die Oberfläche beschädigt.
Zitat von DEE BO im Beitrag #2 Wobei mich aber trotzdem interessiert warum einer auf die Idee kommt den Hahn und das Korn abzuflexen!? Will mir irgendwie nicht in den Kopf!
Das wird ein Mysterium bleiben Ich habe, bei scharfen Revolvern, gerade noch die Erklärung dass ein schnelleres ziehen der Waffe ermöglicht werden soll. Oder durch das entfernte Korn kein "verhaken" desselben beim ziehen aus einer Jacken- oder Mantel-Tasche entstehen kann.
Aber einen 4"-Erma EGR77 verdeckt in der Manteltasche führen ..... ? Und vor Allem: Das Korn Beispielsweise war dermassen rauh und brutal entfernt worden. Vermutlich Hand-Bügelsäge in der linken Hand, Revolver in der rechten Hand. Und dann wackel, wackel so lange mit der Metallsäge herumgekratzt bis das Korn ab war. Der Schnitt war nicht "ein Schnitt", sondern lauter zackige und bergige Schnitte aneinandergereiht. Zudem schief sowohl in Richtung Laufachse, wie auch in der Querachse.
Na Ja! wie war unser Spruch beim Bund: "suum cuique" .... Jedem das Seine
Aber Du wolltest eigentlich Näheres über das Handgalvanisiergerät wissen:
Du betreibst dieses Gerät über ein Universal-Steckernetzteil, das einigermassen Leistung bringen sollte, und Kurzschlussfest! Regelbar am besten in 1,5 Volt Stufen, denn Du wirst eigentlich mit 1,5 V arbeiten, aber auch gefühlsmässig auf 3 V wechseln.
Du hast dieses Handstück, an deren Spitze sich ein wechselbares Keilförmiges Halteelement (Mundstück) befindet. Zusätzlich geht ein kurzes Kabel mit Krokoklemme am Ende von diesem Handstück ab. Wie generell bei Galvani wird am zu bearbeitenden Werkstück ein + Positiv und ein - Minus angelegt. Dabei wird ein Pol fest über dieses Kabel und die Krokoklemme konstant an das Werkstück angelegt. Der 2. Pol wird dann an dem Werkstück anliegen und den Kreis schliessen, sobald Du mit dem Handstück den Kontakt zum Werkstück herstellst. Deshalb auch meine Empfehlung, ein "Kurschlussfestes" Netzteil zu verwenden! Du wirst unweigerlich irgendwann mit dem Handstück direkt an die Krokoklemme kommen. Kein Problem bei einem Kurzschlussfesten Handstück, das hat eine Schutzschaltung.
In der Galvanik wird neben dem Element "Strom/Spannung" die entsprechende "Lösung des aufzutragenden Material" benötigt. Und eine Opferanode, die jeweils auf das aufzutragende Material ausgelegt sein muss. Diese Opferanode ist im Falle des Handgalvanisiergerätes das "Mundstück" am Handstück.
Zusätzlich wird über dieses Mundstück ein kleiner Schwammstreifen gezogen und mittels von kleinen Haken dort befestigt.
Dann kann es losgehen:
Wir haben das gut entfettete Werkstück (Revolvergriffstück) bereitgelegt. Das Netzteil versorgt das Handstück mit Spannung. Der andere Pol ist über das kurze Kabel und die Krokoklemme an dem Werkstück (Revolver) befestigt. Das passende Mundstück (als Beispiel für Kupfer) ist auf das Handgerät aufgesteckt, und mit einem Schwämmchen überzogen. Die wässrige "Lösung" (hier Beispielsweise Kupfer) haben wir in kleiner Portion in ein kleines Gefäss (ein Schnapsglas reicht von der Menge her) umgefüllt.
Dann befeuchtet man den Schwamm am Mundstück mit der Lösung und fährt langsam (!!) in kleinen, streichenden Bewegung und wenig Druck über die Oberfläche des Werkstück. Dies wird so lange/oft wiederholt bis sich das aufzubringende Material das sich in der Lösung befindet auf dem Werkstück niederschlägt.
Genz wichtig ist der Hinweis, dass diese streichende Bewegung LANGSAM ausgeführt wird. Nicht anhalten auf einer Stelle, sonst wird die Lösung durch die Spannung verdampft, und der trockene Schwamm klebt leicht an. Mein Fehler war anfangs ein zu schnelles bewegen des Schwammes auf dem Mundstück! Dadurch kann das Material in der Lösung keine Verbindung mit dem Werkstück eingehen. Ich musste mich von dem schnellen "streichen wie mit Farbe" verabschieden, dann hat es funktioniert. Ist aber natürlich mit diesem Handgerät eine recht Zeitintensive Arbeit.
Zwei Anmerkungen:
- Die Lösungen für den Hobbyanwender sind abgemildert, heisst nicht ganz so giftig wie die im gewerblichen Bereich angewendeten. Trotzdem mit Vorsicht zu behandeln, und Sicherheitsregeln beachten, wie nicht dabei essen, rauchen, gut lüften, nicht verschlucken etc.! Entsorgungshinweise beachten, falls Material entsorgt werden soll-
- Es werden, auch als Ergänzung zu diesem Handgerät, kleiner Kunststoffbehälter und Anoden/Kathoden zum einhängen darin angeboten. Satz kostet irgendetwas um die 80 €. Das habe ich mir überlegt, aber erstens gehen nur recht kleine Waffenteile in diese "Becken". Und Zweitens benötigen diese Behälter, trotz ihrer geringen Abmessungen viel "Lösung" als Füllung. Und diese Lösungen kosten echt Geld.
- Kleine Zusatzbemerkung zu den "Lösungen: Hier lohnt sich der Preis- / Leistungs-Vergleich. Ich habe über EBAY bei einem Laborbedarf die benötigten Lösungen in 200 ml Flaschen zu einem vernünftigen Preis gekauft. Und der Prozentsatz des Materials das in dieser Lösung vorhanden war, ist recht hoch. Bei anderen Anbietern wurden kleinere Flaschen, mit weniger Prozentualer Lösung für mehr Geld angeboten.
Warum die Angabe des Prozentsatzes der "Lösung" wichtig ist: Das gelöste Material das sich auf dem Werkstück niederschlägt ist quasi der "Schwund" in der Lösung. Der Lösung ist das absinken des Prozentsatzes an Material (Kupfer, Silber, Nickel) das in dieser gelöst ist, nicht anzusehen. Die Auftragsleistung wird allerdings dadurch immer schlechter b.w. dauert das auftragen von Material auf das Werkstück dadurch immer länger.
Deshalb entnehme ich immer die voraussichtlich benötigte Menge an Lösung aus der grossen Flasche, fülle die in das "Schnapsglas" und verwerfe nach dem Bearbeiten des Werkstück die verbrauchte Lösung. So habe ich beim nächsten Arbeitsgang immer frische Lösung mit konstantem Materialanteil in der Lösung.
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Oberfläche an einer geschundenen SSW verbessern/neu beschichten
17.10.2015 22:02 (zuletzt bearbeitet: 17.10.2015 22:04)
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